Interview mit einem Gast

Professor Dr. Mika Aotake (Universität Osaka, Japan)

1. Juni 2019

Mika Aotake ist Assistenzprofessorin an der Universität Osaka. Sie war insgesamt für zwei Jahre von März 2017 bis März 2019 zur Anfertigung ihrer Doktorarbeit zum Thema „Ehegattenerbrecht in Japan“ Gastwissenschaftlerin in unserer Bibliothek. Zunächst für ein Jahr mit einem japanischen Stipendium ihrer Universität im Rahmen eines internationalen Programms und nach Ablauf des ersten Jahres konnte sie ihren Forschungsaufenthalt bei uns um ein weiteres Jahr verlängern.

Wie sind Sie auf unser Institut und die Bibliothek aufmerksam geworden?

Meine Kollegin in Japan, Frau Wakabayashi, die schon mehrmals im MPI in Hamburg gewesen ist, hat mir sehr empfohlen, meine Forschung hier zu betreiben. Sie hat mir vor allem zwei Gründe dafür genannt: 1. die sehr umfangreiche internationale Sammlung der Bibliothek und 2. der Austausch mit vielen internationalen Forschern.

Um mich noch mehr zu informieren, habe ich bereits in Japan im Online-Katalog der Bibliothek recherchiert und habe dort eine große Anzahl von Büchern und Zeitschriften, die für mein Forschungsthema wichtig sind, gefunden. Dieses Ergebnis hat mich dann restlos überzeugt.

Mit welchen Schwierigkeiten haben Sie vor dem Antritt Ihres Forschungsaufenthaltes bei uns gerechnet?

Meine Deutsch- und Englischkenntnisse waren nicht besonders gut. Ich habe daher befürchtet, dass ich sehr isoliert sein werde und nicht vom wissenschaftlichen Austausch im Institut profitieren kann, da ich mich nicht ausreichend verständigen kann. Wegen der kulturellen Unterschiede zwischen Japan und Deutschland war ich mir auch nicht sicher, ob ich mich gut im Alltag in Deutschland zurechtfinden werde. Ich habe gedacht, dass sich diese Schwierigkeiten eventuell negativ auf meine Arbeit auswirken würden.

Wie waren Ihre ersten Eindrücke, als Sie bei uns eintrafen?

Ich wurde sehr freundlich im Institut empfangen und habe mich gleich sehr willkommen gefühlt. Als erstes habe ich eine sehr informative Einführung in die Nutzung der Bibliothek erhalten und habe mich danach sehr schnell in der Bibliothek zurechtgefunden und konnte mit meinen ersten Recherchen mühelos starten. Ich fand es besonders komfortabel, dass ich alle interessanten Bücher aus den Magazinen einfach einsammeln konnte und an meinem persönlichen Arbeitsplatz mitnehmen konnte und dort, so lange ich wollte, aufbewahren konnte. In den Magazinen, in denen die Bücher nach Ländern aufgestellt sind, hatte ich das Gefühl von einer Reise durch die „Welt des Rechts“. Das war sehr beeindruckend für mich.

Wie haben Sie die Forschungsatmosphäre im Institut empfunden?

Es herrscht hier eine wunderbare internationale Atmosphäre und man lernt in Gesprächen mit anderen internationalen Forschern viel über andere Rechtssysteme und Kulturen. Alle Mitarbeiter und Gäste sind sehr aufgeschlossen und ich bin trotz anfänglicher Sprachschwierigkeiten sehr schnell in Kontakt gekommen. Wenn ich bestimmte Texte, die ich gelesen hatte, nicht richtig verstanden habe, konnte ich diese im Instituts-Treffpunkt „Café Max“ mit anderen Gästen diskutieren und bin darüber erst zum richtigen Verständnis gekommen. Durch die Teilnahme an vielen wissenschaftlichen Veranstaltungen und Konferenzen des Instituts mit einem weiten Spektrum von internationalen Themen (Europäisches, Südafrikanisches, Islamisches Recht …) konnte ich viele neue Erkenntnisse gewinnen. Sehr positiv war für mich darüber hinaus auch die Zusammenarbeit mit dem japanischen Länderreferenten des Instituts, Professor Baum, der mich in Projekte des Instituts mit einbezogen hat.

Welchen Unterschied haben Sie bei der Forschung in Japan und in Deutschland festgestellt?

Der internationale Aspekt bei der Forschung in Japan ist leider nicht sehr ausgeprägt. Es findet in Japan weniger Kommunikation statt, sondern jeder forscht an seinem Thema sehr auf sich bezogen. Ich hoffe, ich kann die perfekte, inspirierende Forschungsatmosphäre, die ich hier in Hamburg vorgefunden habe, nach meiner Rückkehr auch nach Japan bringen.

Wie beurteilen Sie rückblickend nach zwei Jahren Ihren Forschungsaufenthalt bei uns?

Der Aufenthalt war sowohl für meine Forschung als auch für mich persönlich äußerst gewinnbringend und bereichernd und hat meine Forschung sehr vorangebracht. Hervorragend ist, dass man hier einerseits sehr konzentriert an seinem Arbeitsplatz im Lesesaal mit den vielen Quellen der Bibliothek arbeiten kann, aber auch jederzeit ein unkomplizierter, wissenschaftlicher Austausch möglich ist. Ich habe in der Zeit, die ich hier verbracht habe, mehr Forschungsergebnisse erzielt, als ich gedacht habe. Hierzu zählt: z.B. ein Vortrag zur Reform des japanischen Erbrechts im Rahmen eines Symposiums im Institut mit anschließender Veröffentlichung in der „Zeitschrift für Japanisches Recht“ und ein Aufsatz zum schweizerischen Erbrecht in einer japanischen Zeitschrift (entstanden durch einen intensiven Austausch mit einem Gastwissenschaftler aus der Schweiz). Der Aufenthalt hat letztlich dazu geführt, dass meine Doktorarbeit zum Ehegattengüterrecht, die ursprünglich nur ein Rechtsvergleich zwischen Deutschland und Japan sein sollte, nun eine noch stärkere internationale Ausprägung erhalten wird, in dem ich auch Bezüge zur Schweiz und zu Österreich mit einbeziehen werde.

Was werden Sie in Japan am meisten vermissen?

Die internationale gut sortierte Buchsammlung und die Diskussionen mit internationalen Gastwissenschaftlern.

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