Das Gutachten zum ausländischen Recht im Prozess des 21. Jahrhunderts

22. April 2025

Im Juni 2023 trafen sich Rechtswissenschaftler*innen und Vertreter*innen der juristischen Praxis am Institut, um sich über die Behandlung ausländischen Rechts in deutschen Gerichtsverfahren auszutauschen. Ein von Institutsdirektor Ralf Michaels und Jan Peter Schmidt, Leiter des Kompetenzzentrums für die Anwendung ausländischen Rechts am Institut, herausgegebener Sammelband stellt die wissenschaftlichen Beiträge und Ergebnisse der Konferenz vor.

Schon Ernst Rabel, der Gründungsdirektor des Instituts, bezeichnete die Erstellung von Gutachten zum ausländischen Recht für deutsche Gerichte als nobile officium, beklagte aber auch die starke Belastung der hauseigenen wissenschaftlichen Kapazitäten durch eine beständig wachsende Nachfrage. Diese Entwicklung hat sich fortgesetzt, auch wenn anders als zu Rabels Zeiten heute die Last der Gutachtenerstellung auf zahlreichen Instituten und Experten landesweit liegt. Am Max-Planck-Institut selbst wird dieser Wissenstransfer seit 2020 durch das Kompetenzzentrum für die Anwendung ausländischen Rechts zentral koordiniert. Unter der Leitung von Jan Peter Schmidt hat es sich zudem zur Aufgabe gemacht, den praktischen Umgang mit ausländischem Recht und insbesondere die Rolle des Sachverständigengutachtens selbst zum Gegenstand wissenschaftlicher Reflexion zu machen.

Tatsächlich wirft die Einholung von Gutachten zur Ermittlung ausländischen Rechts eine Vielzahl praktischer und theoretischer Fragen auf, die bislang kaum thematisiert wurden. Diese betreffen grundlegende Aspekte wie die Abgrenzung der Aufgabenbereiche zwischen Gerichten und Sachverständigen oder die an die Ermittlung ausländischen Rechts gestellten Qualitätsanforderungen, genauso aber Einzelaspekte wie die zielführende Formulierung des Beweisbeschlusses oder die Haftung und Vergütung von Sachverständigen.

Der auch als Online-Publikation im Open Access erschienene Konferenzband bietet die erste umfassende Behandlung des Sachverständigengutachtens zum ausländischen Recht in deutschen Verfahren und liefert sowohl eine fundierte und kritische Bestandsaufnahme als auch konkrete Vorschläge für Verbesserungen oder zumindest Feinjustierungen des bestehenden Systems. Zusätzlich zu den auf der Tagung gehaltenen Referaten enthält er die im Kontext der Veranstaltung erarbeiteten Hamburger Leitlinien für die Ermittlung und Anwendung ausländischen Rechts in deutschen Verfahren im Volltext, ergänzt durch eine detaillierte Einführung.


Ralf Michaels, Jan Peter Schmidt (Hrsg.), Das Gutachten zum ausländischen Recht im Prozess des 21. Jahrhunderts (Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht, 145), Mohr Siebeck, Tübingen 2025, XV + 291 S.






Bildnachweis: © Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht / Bastian Kurzynsky

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