Die Anwendbarkeit fremden Kartellrechts

28. Mai 2025

Kartellschadensersatzklagen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Jakob Olbing, ehemaliger wissenschaftlicher Assistent am Institut, unternimmt in seiner Dissertation eine rechtsvergleichende Untersuchung der Anwendbarkeit fremden Kartellrechts durch deutsche und US-amerikanische Gerichte. Nach einer abschließenden Bewertung der gegenwärtigen Rechtslage gibt er einen Ausblick auf mögliche künftige Entwicklungen, die sich auf die Anwendung fremden Kartellrechts im Schadenersatzverfahren auswirken könnten.

Das Kartellrecht ist weltweit in viele einzelne nationale und im Fall der Europäischen Union regionale Rechtsordnungen fragmentiert. Private Kläger, die aufgrund eines internationalen Kartellverstoßes Schäden im Ausland erlitten haben, begegnen bei der Geltendmachung ihrer Schäden bisher nur schwer zu überwindenden Hürden. Dabei stärken die Rechtsprechung des EuGH und der Gesetzgeber das kartellrechtliche private enforcement erst seit wenigen Jahrzehnten systematisch. In diesem Zuge erfuhr auch die grenzüberschreitende Geltendmachung von Kartellschäden eine Neuregelung durch die Rom II-VO. Demnach können mitgliedstaatliche Gerichte auch fremdes Kartellrecht anwenden, wenn Kläger im Ausland erlittene Schäden geltend machen. In den USA hingegen hat das private enforcement des US-Kartellrechts eine deutlich längere Tradition und spielt eine zentrale Rolle bei der Kartellrechtsdurchsetzung. Aber auch vor den dortigen Bundesgerichten stellen im Ausland erlittene Schäden eine Herausforderung dar.

Jakob Olbing zeigt, dass sowohl deutsche Gerichte als auch Bundesgerichte der USA im Rahmen ihrer Zuständigkeit fremdes Kartellrecht anwenden können und sollten. Er kommt zu dem Schluss, dass in beiden Rechtsordnungen eine vermeintlich notwendige kollisionsrechtliche Sonderbehandlung von Kartellschadensersatzansprüchen nach fremdem Recht rechtlich nicht geboten ist. Weder unterliegen solche Ansprüche nach fremdem Kartellrecht einem grundsätzlichen Nichtanwendungsgebot, noch wirkt sich eine vermeintliche Trennung von öffentlichem und privatem Kollisionsrecht wesentlich auf diese aus.

Dr. Jakob Olbing studierte Rechtswissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg und der Chinese University of Hong Kong. 2019 bis 2023 war er wissenschaftlicher Assistent am Institut. Im Rahmen seines Promotionsprojekts, das durch ein Stipendium der Stiftung der deutschen Wirtschaft gefördert wurde, verbrachte er das Herbstsemester 2022 als Gastwissenschaftler an der Harvard Law School. 2024 wurde er von der Universität Hamburg promoviert.

 

Jakob Olbing, Die Anwendbarkeit fremden Kartellrechts. Eine Untersuchung des europäischen und US-amerikanischen Kollisionsrechts für private Kartellschadensersatzklagen im Zivilverfahren (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht, 534), Universität Hamburg 2024, Mohr Siebeck, Tübingen 2025, Doktorarbeit, XXII + 256 S.





Bildnachweis: © Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht / Bastian Kurzynsky

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