Entscheidung des BVerfG zum Kinderehenbekämpfungsgesetz im Fokus

30. November 2023

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29. März 2023 über das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen war Anlass für ein vom Institut abgehaltenes Online-Symposium, das einer interdisziplinären Analyse der Thematik gewidmet war. Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (RabelsZ) versammelt die Symposiumsbeiträge und veröffentlicht sie im Online-First-Verfahren sowie im Open Access.

Nach dem Urteil des BVerfG ist das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen in seiner derzeitigen Fassung mit dem Grundgesetz unvereinbar. Das Gericht beruft sich dabei unter anderem auf eine vom Institut erarbeitete rechtsvergleichende Stellungnahme aus dem Jahr 2020, in der das Phänomen und die rechtliche Behandlung der Frühehe in rund sechzig Ländern untersucht wurden. Um die Auswirkungen des Urteils zu diskutieren, veranstaltete das Institut am 8. Mai 2023 ein Online-Symposium im Rahmen seiner Vortrags- und Workshopreihe „Aktuelle Forschung im Internationalen Privatrecht“. RabelsZ veröffentlicht hieraus nun fünf Beiträge, in denen die Entscheidung des BVerfG aus kollisions- und verfassungsrechtlicher Perspektive analysiert wird.

In seiner Einleitung fasst Institutsdirektor Ralf Michaels das Urteil zusammen und erörtert das Strukturproblem, welches sich aus den unterschiedlichen Herangehensweisen zwischen Kollisionsrechtsdiskussion und verfassungsrechtlicher Prüfung ergibt. Henning Radtke, Richter am BVerfG und zuständiger Berichterstatter im Verfahren, zeichnet die Entwicklungslinien der Rechtsprechung zur verfassungsmäßigen Überprüfung des deutschen internationalen Privatrechts (IPR) nach. Susanne Lilian Gössl, Inhaberin des Lehrstuhls für deutsches, ausländisches und Internationales Privatrecht und das Recht der Digitalisierung an der Universität Bonn, beschäftigt sich mit dieser Rechtsprechungsgeschichte sowie den sie begleitenden wissenschaftlichen Diskussionen. Lars Viellechner, Professor für Öffentliches Recht, insbesondere Verfassungsrecht, Verfassungstheorie, Rechtsphilosophie und Transnationales Recht an der Universität Bremen, argumentiert dafür, frühere Ansätze des BVerfG in Richtung eines Verfassungskollisionsrechts weiterzudenken. Dagmar Coester-Waltjen, emeritierte Professorin für Bürgerliches Recht an der Georg-August-Universität Göttingen, stellt die Implikationen des Frühehe-Urteils für die Zukunft in den Mittelpunkt ihres Beitrags. Sie sieht einen Paradigmenwechsel weg vom favor matrimonii hin zur Ausweitung des deutschen Rechts und fragt nach den daraus folgenden Maßgaben für den Gesetzgeber, der die verfassungswidrige Regelung ersetzen muss.

Neben fundierten und aufeinander bezogenen Analysen der konkreten Entscheidung des BVerfG bieten die Symposiumsbeiträge auch grundlegende und weiterführende Gedanken, die, so Ralf Michaels, geeignet sind, die Diskussionen über das Zusammenspiel von IPR und Verfassungsrecht weiter zu befruchten und dem BVerfG in seiner zukünftigen Urteilsfindung als Hilfestellung zu dienen.

Die Beiträge sind im neuen Online-First-Verfahren über https://www.mohrsiebeck.com/zeitschrift/rabels-zeitschrift-fuer-auslaendisches-und-internationales-privatrecht-rabelsz?no_cache=1#menu1 im Open Access abrufbar. Mit Heft 4/2023 der Zeitschrift werden sie auch gedruckt veröffentlicht und demnächst unter https://www.mohrsiebeck.com/heft/rabels-zeitschrift-fuer-auslaendisches-und-internationales-privatrecht-4-2023-0033-7250 bereitgestellt.




Bildnachweis: © Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht / Johanna Detering

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