Reformvorschlag zum zwingenden Angehörigenschutz im Erbrecht

19. Juli 2022

Das in Deutschland geltende Pflichtteilsrecht schränkt den Grundsatz der Testierfreiheit erheblich ein. Ein Team aus Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht unter der Leitung von Institutsdirektor Reinhard Zimmermann unterbreitet nun den Vorschlag für ein am Unterhaltsanspruch orientiertes Modell zwingenden Angehörigenschutzes.

Mit dem sogenannten „Pflichtteil“ steht den Abkömmlingen sowie den Eltern und den Ehegatten des Verstorbenen die Hälfte des Wertes ihres gesetzlichen Erbteils zu, falls sie per Testament von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Nicht maßgeblich ist dabei, ob diese Angehörigen zu ihrer Versorgung überhaupt eines Pflichtteils am Nachlass bedürfen. Für diese bedarfsunabhängige Beschränkung der Testierfreiheit, so die Autor*innen des soeben als Buch erschienenen Reformvorschlages, gibt es keine überzeugende Begründung. Sie haben ein Alternativmodell entwickelt, mit dem den nächsten Angehörigen genau das gegeben wird, was ihnen auch bei Fortleben des Verstorbenen zukommen würde.

Das Buch ist das Ergebnis eines einjährigen Forschungsprojekts am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. Es versteht sich als Beitrag zur Fortentwicklung des BGB vor dem Hintergrund der neueren Erbrechtsgesetzgebung im europäischen Ausland. Dem mit einem Kommentar versehenen Reformvorschlag vorangestellt ist ein Kapitel, das der historisch-vergleichenden Orientierung gewidmet ist und an die Ergebnisse der von Reinhard Zimmermann gegründeten internationalen Studiengruppe zur Erbrechtsvergleichung anknüpft. Beleuchtet werden darin auch die jüngsten Erbrechtsreformen in den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Österreich.

Reinhard Zimmermann, Franz Albert Bauer, Martin Bialluch, Andreas Humm, Lisa-Kristin Klapdor, Ben Gerrit Köhler, Jan Peter Schmidt, Philipp Scholz, Denise Wiedemann, Zwingender Angehörigenschutz im Erbrecht – Ein Reformvorschlag, Mohr Siebeck, Tübingen 2022, XIX + 140 S.



Bildnachweis: © Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht / Philipp Ewertz

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