Reform des deutschen und japanischen Transport- und Seehandelsrechts

Symposium

5. September 2017

Am 5. September 2017 fand am Institut ein Symposium zur Reform des deutschen und japanischen Transport- und Seehandelsrechts statt. Anlass hierfür war der Gesetzesentwurf zur Reform des japanischen Transport- und Seehandelsrechts, der zurzeit dem japanischen Parlament vorliegt und wesentliche Modifikationen mit sich bringen wird – ebenso wie die Reform des deutschen Transport- und Seehandelsrechts in den Jahren 1998 und 2013. Ziel des Symposiums war zum einen, die geplante Reform des japanischen Transport- und Seehandelsrechts darzustellen. Zum anderen sollte aber auch eine rechtsvergleichende Analyse im Verhältnis zum deutschen Transport- und Seehandelsrecht erarbeitet werden. Das Symposium wurde gemeinsam mit der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung, der Deutschen Gesellschaft für Transportrecht, dem Deutschen Verein für Internationales Seerecht, der Japanese Maritime Law Association und dem Institute of Business Law and Comparative Law and Politics, Graduate Schools for Law and Politics an der Universität Tōkyō veranstaltet.

Direktor Reinhard Zimmermann eröffnete das Symposium mit seinen Begrüßungsworten. Darauffolgend betonte Takao Anzawa, Generalkonsul Japans in Hamburg, in seiner Begrüßungsrede die zwischen Japan und Deutschland bestehende, enge juristische Verbundenheit. Im Anschluss begrüßte Jan Grotheer, Präsident der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung, die Gäste im Namen aller Kooperationspartner.

Hintergründe und Grundsätze der Reformen in Japan und Deutschland

Zu Beginn der ersten Sitzung hat Tomotaka Fujita, Professor an der Universität Tōkyō, die allgemeinen Gründe erläutert, die die Reform erforderlich machen. Zu diesen Gründen zählen unter anderem die veralteten Regelungen im japanischen HGB aus dem 19. Jahrhundert sowie die Unstimmigkeiten zwischen den anwendbaren Regeln auf nationale und internationale Beförderungen. Der Modernisierungsprozess, der seit 1996 das japanische Zivilrecht beherrscht, war auch Anlass für die Reform des Transport- und Seehandelsrechts. Die Vorbereitungen wurden 2014 begonnen. Anschließend erläuterte Tomotaka Fujita die Grundsätze der geplanten Reform. Zu diesen Grundsätzen gehört beispielsweise, dass es keine gesetzliche Haftungsbeschränkung gibt. In der ersten Sitzung hat Beate Czerwenka, Professorin und Rätin am Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, die Gründe erläutert, die zur Reform des deutschen Transport- und Seehandelsrechts geführt haben, sowie die strukturellen und allgemeinen Grundsätze des reformierten Transport- und Seehandelsrechts. Dabei hat sie auf die Ähnlichkeiten und Unterschiede bei den Grundsätzen der japanischen und deutschen Reformarbeiten hingewiesen.

Transportrecht

Die zweite und die dritte Sitzung waren dem Transportrecht gewidmet. In der zweiten Sitzung hat Gen Goto, Professor an der Universität Tōkyō, die haftungsrechtlichen Grundsätze bei der Güterbeförderung behandelt. Dabei hat er die geltende Rechtslage und den Gesetzesentwurf bezüglich der Haftung für Güter- und Verspätungsschäden, Haftungsausschlussgründe, Schadensanzeige, Verjährung und den außervertraglichen Ansprüchen gegenübergestellt und die wichtigsten Änderungen erläutert. Anschließend ist Fumiko Masuda, Professorin an der Universität Okayama, auf die Regelungen zum Multimodaltransport und zu Multimodalkonnossementen näher eingegangen. Zum Schluss der zweiten Sitzung hat Duygu Damar, Referentin am MPI, die Regelungen des japanischen Entwurfs mit den Regelungen des deutschen HGB verglichen, ihre Anmerkungen mitgeteilt und Fragen zur Diskussion gestellt. In der dritten Sitzung hat Hideyuki Matsui, Professor an der Universität Rikkyō, die Rechte und Pflichten des Absenders bzw. Empfängers und die Transportdokumente im Lichte der geltenden Regelungen und des Gesetzesentwurfs erläutert. Darauffolgend hat Carsten Harms, Rechtsanwalt in Hamburg, seine Anmerkungen mitgeteilt und anhand eines Falles auf die schwierige Lage von Beförderern hingewiesen, wenn der Absender seine Pflichten nicht oder nicht sorgfältig erfüllt und deswegen der Beförderer dem Empfänger gegenüber haftet. Denn die vertragliche Haftung vom Absender dem Beförderer gegenüber ist anhand den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen aus 2017 auf eine Summe beschränkt, die weit unter den gesetzlichen Haftungsbeschränkungssummen liegt, die die Beförderer für sich in Anspruch nehmen können.

Güterbeförderung auf See

In der vierten Sitzung wurde auf die Sonderregelungen zur Güterbeförderung auf See näher eingegangen. Manami Sasaoka, Professorin an der Nationalen Universität Yokohama, hat zunächst erläutert, dass sich die Regelungen zu den internationalen Beförderungen in einem gesonderten Gesetz befinden. Die Regelungen im geltenden japanischen Handelsgesetzbuch zur Güterbeförderung auf See finden lediglich auf nationale Beförderungen Anwendung. Der Entwurf strebt an dieser Struktur keine Änderungen an. Ferner bleiben die Grundsätze zur Haftung des Verfrachters größtenteils unverändert: Verschuldenshaftung ohne Haftungsausschlussgründe und -beschränkung. Dennoch wird die verschuldensunabhängige Haftung des Verfrachters für die Seetüchtigkeit durch die Verschuldenshaftung ersetzt. Eine wichtige Neuerung stellen die Regelungen zum Zeitchartervertrag dar. Im Anschluss an den Vortrag von Professorin Sasaoka hat Dieter Schwampe, Professor und Rechtsanwalt in Hamburg, die Regelungen des japanischen Entwurfs bzw. des gesonderten Gesetzes zu den internationalen Beförderungen auf See mit den Regelungen des deutschen HGB verglichen. Sein Vortrag hat aufgezeigt, dass eine der wichtigsten Unterschiede zwischen dem japanischen und dem deutschen Seehandelsrecht die Regelung zum ausführenden Verfrachter ist. Während nach deutschem Recht die Haftung des ausführenden Verfrachters derjenigen des vertraglichen Verfrachters gleichgestellt ist (§ 509 HGB), findet sich im japanischen Recht keine Sonderregelung zur Haftung des ausführenden Verfrachters. Insofern haftet der ausführende Verfrachter den Ladungsbeteiligten gegenüber nach den deliktsrechtlichen Grundsätzen im japanischen Recht.

Passagierbeförderung

Die Regelungen zur Passagierbeförderung war der Gegenstand der fünften und letzten Sitzung. Fumiko Masuda, Professorin an der Universität Okayama, erläuterte, dass die gesonderten Regelungen zum Land- und Seetransport von Passagieren im Entwurf aufgehoben werden. Stattdessen sieht der Entwurf Regelungen vor, die für alle Transportmodalitäten gelten. Die vertragliche Haftung des Beförderers für die Personen- und Gepäckschäden wird im Entwurf zwingend geregelt. Für Personenschäden darf der Beförderer seine Haftung nicht begrenzen. Die Regeln des Entwurfs gelten dennoch für nationale Beförderungen. Für internationale Luftbeförderungen gilt das Montrealer Übereinkommen aus dem Jahre 1999. Jedoch ist Japan kein Vertragsstaat des Athener Übereinkommens aus dem Jahre 2002. Dementsprechend werden die Regelungen des Entwurfs zur Anwendung kommen, wenn nach den international privatrechtlichen Regeln japanisches Recht auf eine Passagierbeförderung auf See zur Anwendung kommt. Im Anschluss zum Vortrag von Professorin Masuda hat Wolf Müller-Rostin, Professor und Rechtsanwalt in Bonn, die geltenden Haftungsregime für die Luft- und Seebeförderung von Passagieren anhand des Montrealer bzw. Athener Übereinkommens, der europäischen Verordnungen und des deutschen Rechts erörtert.

In ihren Schlussreden bedankten sich Kenjiro Egashira, Professor an der Universität Waseda, im Namen der Japanese Maritime Law Association und Dieter Schwampe im Namen des Deutschen Vereins für Internationales Seerecht bei allen Referenten, bei allen Kooperationspartnern sowie beim Max- Planck-Institut für die Ermöglichung des Symposiums.

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