Corporate Social Responsibility: Unternehmerisches Handeln mit sozialer Verantwortung
Wie sich Profitabilität und gesellschaftliche Verantwortung in Einklang bringen lassen, ist eine Schlüsselfrage, die schon lange über Fachgrenzen hinweg diskutiert wird. Vor dem Hintergrund wachsender öffentlicher Aufmerksamkeit hinsichtlich Sozial- und Umweltstandards sowie der Bekämpfung von Korruption in Drittstaaten wirft das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) auch wichtige Rechtsfragen auf.
„Die meisten Beiträge zur CSR stammen bisher aus den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Doch die Debatte um die soziale Verantwortung von Unternehmen rührt an Kernthemen des Gesellschaftsrechts“, sagt Institutsdirektor Holger Fleischer, der bereits seit einigen Jahren mit seiner Arbeitsgruppe am Institut die zivilrechtliche Bedeutung der CSR wissenschaftlich beleuchtet, um künftige Reformvorschläge kritisch zu begleiten.
Haftung bei Menschenrechtsverletzungen durch Konzerne
Alarmierende Missstände in der Wertschöpfungskette multinationaler Unternehmensgruppen haben zu der Frage geführt, ob inländische Muttergesellschaften für Menschenrechtsverletzungen ihrer ausländischen Töchter einstehen müssen.
Gemeinsam mit Stefan Korch, wissenschaftlicher Referent am Institut, hat Holger Fleischer in einer vergleichenden Analyse die Rechtslage dazu in Deutschland, Großbritannien und Frankreich untersucht. In allen drei Rechtsordnungen besteht Übereinstimmung darüber, dass Konzerne per se keinen deliktsrechtlichen Sonderregeln unterworfen sind. Es kristallisieren sich aber einzelne relevante Faktoren heraus, die im Zusammenspiel durchaus eine pflichtbegründende Wirkung entfalten können.
„Wie in Großbritannien und Frankreich gilt auch in Deutschland nach den allgemeinen Regeln des Deliktrechts des BGB, dass jeder Rechtsträger prinzipiell nur für sein eigenes Verhalten und seine eigene Sphäre verantwortlich ist“, sagt Holger Fleischer. „Daher ist im Einzelfall zu prüfen, ob konzernweite Sorgfaltspflichten der Mutter für schädigende Tochteraktivitäten in Betracht kommen. Das wird relevant, wenn sich die Konzernmutter direkt in das Risikomanagement der Tochter einmischt oder ihr in einer Gefahrenlage Weisungen erteilt. Ein weiterer Aspekt, der bei der Gesamtwürdigung aller Fallumstände zum Tragen kommen kann, ist die Schwere der drohenden Rechtsgutverletzung.“
Verantwortlichkeit entlang globaler Lieferketten
Schlagartig an Brisanz gewonnen haben Rechtsfragen zur CSR durch den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013. Diese Tragödie, bei der 1.138 Menschen getötet wurden, hat eine weltweite Debatte über die Verantwortlichkeit von Auftraggebern in globalen Lieferketten ausgelöst.
Im Zentrum der gerichtlichen Aufarbeitung des Rana-Plaza-Falls stand die Frage, ob Handelsunternehmen für Pflichtverletzungen ihrer ausländischen Zulieferer oder für eigene Versäumnisse einstehen müssen. Anknüpfend an ihre Analyse zur Konzernhaftung haben Holger Fleischer und Stefan Korch untersucht, inwieweit Auftraggeber nach deutschem, französischem, britischem und US-amerikanischem Recht für ein Fehlverhalten in der Lieferkette deliktsrechtlich verantwortlich sind.
„In den vier Rechtsordnungen zeigt sich Übereinstimmung darin, dass eine deliktsrechtliche Verantwortung nur ausnahmsweise in Betracht kommt“, sagt Stefan Korch. „Etwa wenn der Auftraggeber das Zulieferunternehmen faktisch wie eine unselbstständige Betriebseinheit führt. Die bloße Einbindung in eine mehr oder weniger straffe Wertschöpfungskette reicht aber nicht aus, um eine Haftung des Auftraggebers für seine Zulieferer zu begründen.“
Neue Rechtsformen für Social Entrepreneurship
Unternehmer*innen, die sich zugleich gewinn- und gemeinwohlorientiert betätigen wollen, bietet das deutsche Gesellschaftsrecht bereits heute unter Verwendung der bestehenden Gesellschaftsformen mehrere Gestaltungsoptionen. Eine spezielle Rechtsform für solche Unternehmer*innen sieht es dagegen – anders als etwa das Gesellschaftsrecht der überwiegenden Anzahl der US-amerikanischen Bundesstaaten oder das britische Gesellschaftsrecht – nicht vor.
Julia Tittel, wissenschaftliche Assistentin am Institut, untersucht im Rahmen ihres Dissertationsprojekts die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber dem Vorbild der USA und Großbritanniens folgen und auch eine Gesellschaftsform speziell für soziale Unternehmen einführen sollte, und wenn ja, wie diese ausgestaltet werden könnte.
„Spannend finde ich zu beobachten, dass sich die klassische Zweiteilung von erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Unternehmen einerseits und rein gemeinnützigen Zusammenschlüssen andererseits zunehmend aufzulösen scheint. Mich interessiert, wie das Gesellschaftsrecht auf diese Entwicklung reagieren kann“, sagt die Wissenschaftlerin. „Der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus ist dabei eine aufschlussreiche Inspirationsquelle – sowohl hinsichtlich der Gründe für die Einführung einer neuen Gesellschaftsform als auch ihrer potentiellen Ausgestaltung.“