Rechtsprechung zum internationalen Privatrecht im Open Access
In zivilrechtlichen Streitsachen mit internationalem Bezug müssen deutsche Gerichte die Frage klären, ob sie überhaupt zuständig sind und, wenn ja, ob sie den Fall nach deutschem oder nach einem ausländischen Recht zu entscheiden haben. Mit der fortschreitenden Globalisierung ist die Zahl solcher Fälle deutlich gestiegen. Seit seiner Gründung gibt das Institut die Entscheidungssammlung Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts (IPRspr) heraus. Bis 2022 ist die IPRspr in gedruckter Form erschienen. Ab sofort ist sie als Datenbank im Open Access verfügbar.
Der Inhalt gerichtlicher Entscheidungen ist in Deutschland grundsätzlich öffentlich. Sucht man nach bestimmten Rechtsgebieten, Rechtsnormen, Zeiträumen oder Gerichten, sind redaktionell aufbereitete Entscheidungssammlungen jedoch unverzichtbar. Seit 1926 dokumentiert die in Fachkreisen als „IPRspr“ bekannte Publikationsreihe des Instituts systematisch die Rechtsprechung deutscher Gerichte zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht. Sie umfasst alle Urteile zum IPR einschließlich des Internationalen Zivilverfahrensrechts und des ausländischen Rechts für jeweils ein Kalenderjahr.
„Der Mehrwert dieser Entscheidungssammlung besteht darin, dass wir die Urteile auf ihren IPR-Gehalt reduzieren und systematisch einordnen. Zudem formulieren wir je nach Bedarf die Leitsätze um oder sogar ganz neu“, sagt Jan Peter Schmidt, Leiter des Kompetenzzentrums für die Anwendung ausländischen Rechts am Institut. Unterstützt von einem wissenschaftlichen Redaktionsteam, das die Auswahl und Bearbeitung aller Entscheidungen vornimmt, betreut er das Publikationsprojekt.
„Der Mehrwert dieser Entscheidungssammlung
besteht darin, dass wir die Urteile auf ihren IPR-Gehalt
reduzieren und systematisch einordnen.“
– Jan Peter Schmidt –
Während der Erstellung und Herausgabe der IPRspr als gedrucktes Werk bestand immer ein zeitlicher Abstand zwischen dem Berichtsjahr und dem Erscheinen des jeweiligen Bandes. Außerdem waren die Suchmöglichkeiten begrenzt. Mit der Transformation in eine Datenbank konnten vielfältige Recherchefunktionen realisiert werden. Neben der Möglichkeit, nach Rechtsgebieten, Ländern, bestimmten Rechtsnormen, Zeiträumen oder Gerichten zu suchen gibt es nun auch eine Volltextsuche. Wird zudem eine in der Datenbank vorhandene Entscheidung in einer anderen zitiert, sind die jeweiligen Textstellen durch Links verbunden. Aktuell besteht Zugang zu rund 6.500 Entscheidungen, von denen jede einzelne kostenfrei als PDF verfügbar ist. Die Datenbank reicht bis 2004 zurück und wird kontinuierlich um neue Urteile ergänzt.
„Mit inzwischen über 300 dokumentierten Gerichtsentscheidungen pro Jahrgang ist die IPRspr seit Langem sowohl in der Wissenschaft als auch unter juristischen Praktiker*innen ein sehr geschätztes, allerdings nicht immer bekanntes und verfügbares Hilfsmittel. Es war uns daher ein großes Anliegen, sie als digitale Ressource zu optimieren und frei zugänglich zu machen“, erklärt Schmidt. „Gemeinsam mit den am Institut entwickelten Hamburger Leitlinien zur Ermittlung und Anwendung ausländischen Rechts in deutschen Verfahren, die ebenfalls online frei zugänglich sind, haben wir eine wissenschaftlich fundierte Infrastruktur für den Umgang mit IPR und ausländischem Privatrecht geschaffen.“
Die Datenbank kann unter https://iprspr.mpipriv.de aufgerufen und genutzt werden.
Headergrafik und Porträt Jan Peter Schmidt:
© Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht / Johanna Detering