Publikationswesen im Wandel

Publikationswesen im Wandel

Über Open Access zu Open Science

29. Mai 2024

Das wissenschaftliche Publizieren und die Nutzung wissenschaftlicher Literatur befinden sich in einem tiefgreifenden Prozess des Wandels. Das Leitmotiv: Die Ergebnisse öffentlich geförderter Forschung sollen frei zugänglich und die Teilhabe am wissenschaftlichen Diskurs unabhängig von finanziellen Ressourcen weltweit möglich sein. Open Access ist ein erster wesentlicher Schritt im Rahmen des mit Open Science bezeichneten Leitbilds wissenschaftlicher Praxis, an dem sich auch das Institut orientiert.

„Unsere Aufgabe, Wissen weiterzugeben, ist nur halb erfüllt, wenn diese Informationen für die Gesellschaft nicht in umfassender Weise und einfach zugänglich sind“, heißt es in der Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen. Mit ihr setzten im Jahr 2003 deutsche und internationale Forschungsorganisationen, darunter auch die Max-Planck-Gesellschaft, einen wichtigen Meilenstein der Open-Access-Bewegung. 2021 postulierte die UNESCO in ihrer Empfehlung zu Open Science ein Leitbild, das Praktiken der Reproduzierbarkeit, Transparenz und Zusammenarbeit in den wissenschaftlichen Betrieb integriert. Einer der darin verankerten Grundsätze lautet, den Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen so offen wie möglich zu gestalten. In Deutschland wie auch international wird vor diesem Hintergrund die Gewährung von Fördermitteln zunehmend an die Open-Access-Publikation der Ergebnisse geknüpft.

Institutspublikation im Zeichen der Öffnung

Zum 1. Januar 2024 wurde das traditionsreiche Periodikum des Instituts, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (RabelsZ), vollständig in den Open Access überführt. „Damit intensivieren wir unser Engagement für den offenen Zugang zu Publikationen aus der Grundlagenforschung“, sagt Christian Eckl, der die Schriftleitung von RabelsZ innehat und am Institut die Abteilung Redaktionen leitet, in der ein achtköpfiges Team in Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Verlagen jedes Jahr zahlreiche Manuskripte bis zur Veröffentlichung begleitet. „Open Access ist seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen im Rahmen der Publikationstätigkeit des Instituts. Und wir arbeiten kontinuierlich daran, den Anteil frei zugänglicher Bücher und Artikel zu steigern.“

RabelsZ wurde 1927 von Ernst Rabel als zentrales Forum für die Grundlagenforschung auf den Gebieten des Privat-, Wirtschafts- und Verfahrensrechts in ihren internationalen Aspekten ins Leben gerufen. Seit 1961 trägt sie den Namen ihres Begründers. Mit einem durchschnittlichen Umfang von 950 Druckseiten erscheint sie in vier Heften pro Jahr – gedruckt und online. Wie ist die Umstellung auf Open Access wirtschaftlich realisierbar? Subscribe to Open (S2O) nennt sich das Modell, auf dessen Basis der Verlag Mohr Siebeck diesen Schritt getan hat. „Das ist durchaus mit einem unternehmerischen Risiko verbunden“, erklärt Eckl. „Denn es funktioniert nur unter Beteiligung der bisherigen Abonnenten. Wenn diese der Zeitschrift die Treue halten, sichern sie nicht nur wie bisher ihren eigenen Zugang und den Bezug des Druckwerks, sondern sie leisten auch einen Beitrag dazu, dass sich die Leserschaft weltweit vergrößert.“ 
 



Open Access ist seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen im Rahmen der Publikationstätigkeit des Instituts. Und wir arbeiten kontinuierlich daran, den Anteil frei zugänglicher Bücher und Artikel zu steigern.“

– Christian Eckl, Abteilungsleitung Redaktionen –


Alle seit Gründung der Zeitschrift erschienenen Beiträge wurden mit der Lizenz CC BY 4.0 versehen und können in der E-Library des Verlags sowie im Online-Archiv JSTOR abgerufen werden, sodass sie einfach und rechtssicher nachnutzbar sind. Das S2O-Modell gilt zunächst für einen begrenzten Zeitraum. Sollte es nicht von einer ausreichenden Zahl an Abonnenten angenommen werden, müsste der Verlag zum Closed Access zurückkehren. In jedem Fall bleiben aber alle CC-lizenzierten Inhalte dauerhaft frei zugänglich.

Kernaspekte Qualitätssicherung und gute wissenschaftliche Praxis

Zu den Prinzipien von Open Science gehört neben dem freien Zugang zum wissenschaftlichen Output auch die Inklusivität in Bezug auf Forschende, die ihre Beiträge zur Veröffentlichung anbieten. „Redaktionen müssen darauf achten, dass sie ihre Qualitätsmaßstäbe und Verfahrensweisen transparent, fair und nachvollziehbar gestalten“, sagt Eckl. Die dafür etablierten Leitlinien seien immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und müssten heutzutage auch besonderen Herausforderungen wie etwa der KI-gestützten Textproduktion Rechnung tragen. Bei den Reihen und Zeitschriften des Instituts liegt das Peer Review in den Händen von Wissenschaftler* innen aus dem In- und Ausland, die alle Einreichungen mit Sachkunde prüfen.


Redaktionen müssen darauf achten, dass sie ihre Qualitätsmaßstäbe
und Verfahrensweisen transparent, fair und nachvollziehbar gestalten.“

– Christian Eckl, Abteilungsleitung Redaktionen –
 

Da Open-Access-Publikationen eine hohe Reichweite und damit eine breite Rezeption versprechen, sind sie für wissenschaftliche Autor*innen von großem Interesse. „Das hat leider auch unseriöse Anbieter auf den Plan gerufen“, sagt David Schröder-Micheel. Er berät Forschende am Institut zu Fragen des elektronischen Publizierens und Open Access. „Sogenannte Predatory Journals preisen aggressiv kostenpflichtige OA-Veröffentlichungsmöglichkeiten an, ohne geltende Standards wissenschaftlicher Qualitätssicherung einzuhalten oder die dauerhafte Archivierung der Publikationen zu gewährleisten.“

Abbau von Bezahlschranken

Ohne ein konstruktives Zusammenwirken von Wissenschaftler*innen, Förderinstitutionen, Verlagen und Bibliotheken ist die Open-Access-Transformation nicht umsetzbar. In wirtschaftlicher, technischer und rechtlicher Hinsicht müssen noch offene Fragen geklärt und Lösungen gefunden werden. Manches ist derzeit im Experimentierstadium, vieles noch im Fluss.

Mittlerweile haben sich einige Modelle etabliert, über die eine Publikation in den Open Access gelangen kann. Die Wissenschaftler* innen des Instituts nutzen generell die mit „Gold“, „Grün“ und „Hybrid“ bezeichneten Pfade. Über den mit RabelsZ verfolgten S2O-Weg ist das Institut besonders glücklich. Im Unterschied zu Modellen, die sich über die Erhebung von Article Processing Charges (APCs) für jeden einzelnen Beitrag finanzieren, wird mit S2O die Chancengleichheit begünstigt: Alle angenommenen Beiträge kommen in den Genuss von Open Access, ohne dass die finanziellen Möglichkeiten der Autor*innen oder ihrer Institutionen dabei eine Rolle spielen.

Die aktuelle Bilanz der Institutspublikationen weist bereits einen hohen Open-Access-Anteil aus. Doch es gibt keinen Grund, sich auszuruhen. Nutzen, Sinn und Zweck von Open Access und Open Science müssen beständig ausgelotet, diskutiert und kommuniziert werden und die dafür genutzten Ressourcen sind immer wieder nachzujustieren. Zur Bewältigung dieser Aufgaben arbeitet die Abteilung Redaktionen eng mit der Institutsbibliothek zusammen und beteiligt sich an diversen Open-Science-Arbeitsgruppen innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft.
 

(Stand: 8.4.2024)

GOLD: Open-Access-Erstveröffentlichung: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sofort öffentlich zugängliche wissenschaftliche Werke und Inhalte. Für die Veröffentlichung können APCs/BPCs anfallen.

GRÜN: Zweitveröffentlichung: Ein bei einem Verlag erschienenes Werk wird auf einer Website oder in einem Repositorium verfügbar gemacht. Die Veröffentlichung kann vorab, zeitgleich oder nachträglich zur Publikation beim Verlag erfolgen.

HYBRID: „Mischveröffentlichung“: Teile von Closed-Access-Publikationen oder -Reihen, die nach kostenpflichtiger Freischaltung (APCs oder BPCs) auf der Verlagsseite oder einer anderen Website öffentlich zugänglich sind.

 


 



Bildnachweise: © Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht / Johanna Detering

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