Organhaftung und Beweislast

13. November 2020

Das Thema Managerhaftung erhält im Zusammenhang mit spektakulären Fällen immer wieder große mediale Aufmerksamkeit. Entscheidungsträger werden zunehmend mit hohen Schadenersatzforderungen ihrer Gesellschaft konfrontiert. Das deutsche Aktiengesetz nimmt Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder auch für leichte Fahrlässigkeit mit ihrem gesamten Privatvermögen in die Pflicht. Hinzu kommt die Umkehrung der Beweislast. Nicht zuletzt deshalb steht die Organhaftung seit Jahren auf dem Prüfstand. Nadja Danninger, ehemalige wissenschaftliche Assistentin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, fragt in ihrer Dissertation nach einer sachgerechten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen Gesellschaft und Organmitglied.

Eine besondere Schärfe der Organhaftung liegt in ihrer beweisrechtlichen Komponente: Nicht das Unternehmen muss im Streit um Schadensersatz die Pflichtverletzung beweisen, sondern das Organmitglied muss sich entlasten. Dies wirft nicht nur in der Praxis eine Reihe von Problemen auf, sondern entbehrt auch einer abschließenden theoretischen Fundierung. Nadja Danninger beleuchtet das Thema aus fünf Blickwinkeln: Rechtsgeschichte, Rechtsdogmatik, Rechtspraxis, Rechtsvergleichung und Rechtspolitik.

Die Verfasserin spannt einen dogmengeschichtlichen Bogen von den römisch-rechtlichen Wurzeln der Beweislastumkehr bis hin zum heutigen Aktiengesetz. Sie analysiert, ob und inwieweit eine Gesetzesänderung geboten erscheint. Neben der Analyse der Theorie zeigt sie anhand ausgewählter praktischer Konstellationen auf, wie der beweisrechtliche Balanceakt in Theorie und Praxis gelingen kann. Mit der Untersuchung von fünfzehn Rechtsordnungen im Hinblick auf deren Beweislastverteilung betritt die Arbeit bislang unerschlossenes Terrain und erhellt damit erstmals die relativen Stärken und Schwächen des deutschen Rechts. Zugleich bietet der Blick in die Auslandsrechte reichhaltige Inspiration für eine abschließende rechtspolitische Empfehlung.

Nadja Danninger, Organhaftung und Beweislast (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht, 446), Bucerius Law School Hamburg, Mohr Siebeck, Tübingen 2020, Doktorarbeit, XXVII + 228 S.

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