Geschwisterbeziehung im Recht und in den Sozialwissenschaften
Projektzeitraum: 2024-2025
Obwohl Geschwister zum engsten Familienkreis zählen, hat sich die Familienrechtswissenschaft bislang nur wenig für ihre Rechtsstellung interessiert. Diese Lücke soll mit diesem interdisziplinären Forschungsprojekt sowohl sichtbar gemacht als auch geschlossen werden. Das Projekt verfolgt mehrere Anliegen. Erstens wird das geltende Recht zur Rechtsstellung von Geschwistern systematisiert und analysiert im Hinblick auf Haftung, Solidarität, Teilhabe und Drittwirkung. Es interessiert insbesondere, wo Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zur rechtlichen Berücksichtigung anderer Familienbeziehungen wie der Eltern-Kind- und der Ehegattenbeziehung bestehen. Auf dieser Basis wird zweitens erforscht, ob dem geltenden Recht ein kohärentes implizites Verständnis von der Art und Intensität der Geschwisterbeziehung zugrunde liegt. Hier lautet die zentrale Frage: Erklären sich die Weichenstellungen des geltenden Rechts damit, dass ihm die Vorstellung zugrunde liegt, Geschwister hätten typischerweise enge Beziehungen, oder liegt dem geltenden Recht eher die Annahme zugrunde, dass Geschwister einander im Regelfall weniger nah stehen, oder geht das Recht davon aus, dass jede Geschwisterbeziehung singulär ist? In einem dritten Schritt wird der Blick auf die sozialwissenschaftliche Geschwisterforschung geworfen. Es wird erforscht, inwiefern das Bild, das das Recht über die Ausgestaltung von Haftung, Solidarität, Teilhabe und Drittwirkung indirekt von der Qualität der Geschwisterbeziehung zeichnet, dem Stand der sozialwissenschaftlichen Geschwisterforschung entspricht. Die hier unternommene Forschung versteht sich als Vorbereitung rechtspolitischer Schlussfolgerungen.