Wenn Bilder sprechen

Emojis und ihre Bedeutung für das Recht

Private Law Gazette 1/2022 - Aus unserer heutigen Kommunikation, die zunehmend über digitale Kanäle fließt, sind sie nicht mehr wegzudenken. Mitunter haftet ihnen jedoch das Vorurteil an, sich nur für informelle Mitteilungen zu eignen. Doch werden sie auch in der Wirtschafts- und Arbeitswelt inzwischen gern genutzt. „Emojis schließen eine Lücke im digitalen Diskurs“, sagt Matthias Pendl, wissenschaftlicher Referent am Institut, der die rechtliche Dimension der Emojis erforscht und ihr mehrere wissenschaftliche Arbeiten gewidmet hat.

In seinen Publikationen hält Matthias Pendl fest, dass Emojis Intonation, Gestik, Mimik und andere körpersprachliche Elemente realer Gespräche im schriftlichen Austausch ersetzen. Gleichzeitig ist ihnen aber auch eine gewisse Bedeutungsambivalenz inhärent. Anhand von Ergebnissen psycholinguistischer Forschung erläutert er, dass die Art der Nutzung und das damit verbundene Verständnis von Emojis aufgrund von Faktoren wie Alter, Geschlecht und kulturellem Hintergrund der Nutzer*innen erheblich variieren können.

Sind Jurist*innen mit Emojis konfrontiert, geht es meist um die rechtliche Bewertung von Erklärungen. Eines der Kernprobleme ist dann die Interpretation der Aussage, die hinter einem oder mehreren verwendeten Emojis steht. „Denn während fast jeder die bunten Gesichter und Symbole kennt und nutzt, ist keineswegs immer so klar, was sie bedeuten oder wie sie vom Empfänger verstanden werden“, so Pendl. Der Erklärungswert von Emojis kann also zur Schlüsselfrage werden, wenn etwa Verträge per E-Mail oder Messenger-App zustande kommen, aber auch dann, wenn der ehrverletzende Charakter eines Postings auf dem Prüfstand steht.

Vor diesem Hintergrund hat er Urteile aus dem In- und Ausland sowie aus verschiedenen Rechtsbereichen ausgewertet. Deutsche Gerichte verfolgen bei ihrer Interpretation bislang, so Pendls Analyse, noch keine einheitliche Methode. „Emojis stellen das Zivilrecht auf die Probe“, stellt er fest. Unter anderem untersucht er deshalb, wie auf der Basis bewährter Auslegungsgrundsätze befriedigende Lösungen gefunden werden können.

In unserer Kommunikation haben die digitalen Piktogramme ihren festen Platz gefunden. Sie werden daher auch an juristischer Bedeutung gewinnen. Aus diesem Grund weist Pendl auch auf weitere Schauplätze hin, die künftig für mehr Emoji-Rechtsprechung sorgen könnten, etwa im Arbeits- oder im Markenrecht. Sein Fazit: „Das Recht kann sich Emojis nicht verschließen, sondern muss sich mit ihnen befassen: ⚖️➡️🤔❗️“

Matthias Pendl, Emojis im (Privat-)Recht (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht, 483), Mohr Siebeck, Tübingen 2022, XV + 124 S.
Matthias Pendl, Emojis auf dem Weg ins (Privat-)Recht – ein Schlaglicht, Neue Juristische Wochenschrift 2022, 1054–1058.
Matthias Pendl
A Roundup of German Caselaw Regarding Emojis and Emoticons (Guest Blog Post)
Technology & Marketing Law Blog, 17.09.2021



Grafik: © Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht / Johanna Detering

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht