Sommerkonzil 2017

Robert John Reed, Lord Reed: Comparative Law in the UK Supreme Court

  • Datum: 10.07.2017
  • Uhrzeit: 16:00

Für das letzte Konzil vor der Sommerpause laden die Direktoren traditionell einen auswärtigen Gast an das Institut ein, der aus seiner Perspektive über das Thema Rechtsvergleichung spricht. Im Jahr 2017 war Robert John Reed, Lord Reed, Richter am Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs, der Einladung gefolgt und berichtete unter dem Titel „Comparative Law in the UK Supreme Court“ von seinen rechtsvergleichenden Erfahrungen als Richter am Supreme Court.

Austausch zwischen London und Karlsruhe

Zu Beginn seines Vortrags berichtete Lord Reed von der langen Tradition der Rechtsvergleichung am Supreme Court: so träfen sich dessen Richter seit vielen Jahrzehnten regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt. Ziel sei es, mehr über ausländische Rechtsordnungen zu erfahren und von ihnen zu lernen. Auch wenn das Gericht über Kontakte in viele Länder der Welt verfüge, so seien es doch eine Handvoll wohlverlesener Institutionen, mit denen das Gericht regelmäßig im Austausch stehe: mit dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, dem französischen Conseil d’État, dem kanadischen Supreme Court sowie dem Supreme Court der Vereinigten Staaten von Amerika. In diesem Zusammenhang betonte Lord Reed, dass der Kontakt zum deutschen Bundesverfassungsgericht in den letzten Jahren so wichtig und kontinuierlich wie der Kontakt zu den Common Law-Gerichten geworden sei. Er berichtete von regelmäßigen Treffen in London oder Karlsruhe, in denen die obersten Richter beider Länder über Themen von gemeinsamem Interesse sprechen. Als Beispiel nannte Lord Reed die konstitutionellen Konsequenzen von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs.

Rechtsvergleichung im Alltag des UK Supreme Court

Lord Reed berichtete, dass die Richter des UK Supreme Court im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung regelmäßig höchstrichterliche Entscheidungen anderer Länder heranziehen, um aus diesen Lösungswege für die eigenen Fälle abzuleiten. Dies gelte auch für ausländische Gesetze und wissenschaftliche Beiträge. Auch wenn ein gewisser Fokus auf den Rechtsordnungen des Common Law liege, so sei doch auch der Austausch mit deutschen Juristen sehr intensiv. Er berichtete, dass gleich mehrere Richter des Supreme Courts fließend deutsch sprächen und immer wieder deutsche Nachwuchswissenschaftler – wie Jakob Gleim und Christoph Schoppe von unserem Institut – als wissenschaftliche Mitarbeiter am Gericht tätig seien.

Rechtvergleichung am Supreme Court betreffe traditionell das Privatrecht, so Lord Reed. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit sei eine Grundsatzentscheidung des Gerichts zum englischen Recht der Vertragsstrafe. In seiner Argumentation habe sich der Supreme Court ausführlich und umfassend mit dem deutschen Recht beschäftigt. Er habe so zeigen können, dass seine Entscheidung zum englischen Recht internationalen Gepflogenheiten entspricht. Mittlerweile greife der Supreme Court jedoch nicht nur im Privatrecht, sondern auch im öffentlichen Recht auf rechtsvergleichende Argumente zurück. Spätestens seit dem Beitritt des Vereinigten Königreichs zur Europäischen Menschenrechtskonvention stellten sich auch im öffentlichen Recht Fragen, die alle Mitgliedsstaaten gleichermaßen beträfen. Gleiches gelte für die immer größere Bedeutung des Unionsrechts, des Rechts der EU. So habe der Supreme Court auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückgreifen können, mit der dieses die Identität der nationalen Verfassung dem Zugriff der Europäischen Union entzieht.

Insgesamt, so schloss Lord Reed seinen Vortrag, lasse Rechtsvergleichung sich auf verschiedene Arten nutzbar machen: Sei es durch die entsprechende Übernahme bestimmter Lösungen oder aber durch den rechtsvergleichend informierten Blick auf das eigene Recht. Fruchtbar seien beide Wege.

 

 

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