Dekoloniale Rechtsvergleichung

Dekoloniale Rechtsvergleichung

2019 etablierten Institutsdirektor Ralf Michaels und Lena Salaymeh (École Pratique des Hautes Études - Paris Sciences et Lettres) ein langfristiges angelegtes Forschungsprojekt zur dekolonialen Rechtsvergleichung (DeCoLa). Lena Salaymeh war bis 2023 Kodirektorin des Programms. Seit 2022 wird das Programm von Kwamou Eva Feukeu koordiniert.

Die dekoloniale Rechtsvergleichung erforscht, inwieweit das herrschende Verständnis von Recht durch ein Gespann von Moderne und Kolonialität strukturiert wird, und sie bietet dekoloniale Alternativen zu diesem Verständnis. („Kolonialität“ bedeutet nicht nur Kolonialismus, sondern vielmehr eine totalisierende und universalisierende Denkweise, die der Moderne zugrunde liegt.)

Die herkömmliche Rechtsvergleichung beruht auf epistemischen Annahmen, die sich vor dem Hintergrund von Moderne und Kolonialität herausgebildet haben. Dies hat Auswirkungen auf mehrere zentrale Annahmen und Praktiken in der Rechtsvergleichung: die Anknüpfung an den Nationalstaat als analytische Kategorie, die Bevorzugung des säkularen Rechts vor dem religiösen Recht, die unterstellte Überlegenheit des modernen Rechts gegenüber präkolonialen oder antikolonialen Rechtstraditionen. Dekolonialität versucht, durch das Konzept der Pluriversalität diese Zentrum-Peripherie-Struktur als zentralen Aspekt der Dualität von Moderne und Kolonialität zu überwinden. „Pluriversalität“ geht davon aus, dass mehrere Traditionen und Sozialordnungen gleichzeitig legitim sind.

Anstelle einer Ausrichtung der Rechtsvergleichung am Ziel der Vereinheitlichung oder „Modernisierung“ von Recht setzen wir uns dafür ein, Rechtsvergleichung dafür zu verwenden, das Rechtsdenken zu dekolonialisieren und die Voraussetzungen für Pluriversalität im Recht zu schaffen. Eine dekoloniale Analyse offenbart die Dynamik der Kolonialität innerhalb der Rechtsvergleichung und trägt dadurch zur Überwindung dieser Dynamik bei.


Bibliographie

Hier finden Sie eine regelmäßig aktualisierte Bibliographie zur dekolonialen Rechtswissenschaft und dekolonialen Theorie: Bibliographie


Publikationen

Publikationen von Mitgliedern des Programms


Veranstaltungen

Informationen zu geplanten und vergangenen Veranstaltungen finden Sie hier.

 

 

Weitere Informationen über das Projekt

Rund 40 internationale Rechtswissenschaftler*innen und -praktiker*innen kamen bei der Decolonial Comparative Law Summer School vom 4. bis 8. Juli 2023 am Max-Planck-Institut für  Privatrecht zusammen, um die verschiedenen Kontexte und methodischen Ansätze der dekolonialen Rechtsvergleichung zu diskutieren. mehr

Unsere Moderne hat sich, bewusst oder unbewusst, vor dem Hintergrund der Kolonialität gebildet, der sie als dunkle Kehrseite begleitet. Diese Hintergründe aufzuspüren und nach Möglichkeit ihre negativen Folgen zu überwinden, ist ein Postulat in vielen wissenschaftlichen Disziplinen. Institutsdirektor Ralf Michaels will in einem langfristig angelegten Projekt einen solchen Schritt für die Rechtsvergleichung gehen. mehr

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