Islamic Law in Comparative Perspectives: Milestones, Methods, and Epistemologies

Islamic Law in Comparative Perspectives: Milestones, Methods, and Epistemologies

Symposium zu Ehren von Professor Nadjma Yassari

  • Beginn: 03.07.2025
  • Ende: 04.07.2025
  • Ort: Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht

Vom 3.-4. Juli 2025 veranstaltete das Institut ein Symposium, um Prof. Nadjma Yassari für ihre umfangreiche und einflussreiche Forschung zum islamischen Recht sowie im Bereich der Rechtsvergleichung zu ehren. Organisiert wurde das Symposium vom Kompetenzzentrum für das Recht arabischer und islamischer Länder unter der Leitung von Dr. Dörthe Engelcke.


Das Symposium blickte zugleich auf die bahnbrechende Arbeit der Forschungsgruppe „Das Recht Gottes im Wandel – Rechtsvergleichung im Familien- und Erbrecht islamischer Länder“ zurück, die Yassari von 2009-2024 am Institut leitete, bevor sie das Amt der Direktorin des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung (SIR) in Lausanne übernahm. Gemeinsam mit ehemaligen Mitgliedern der Forschungsgruppe, Kolleg*innen und langjährigen Kooperationspartner*innen wurde die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser Disziplinen beleuchtet.

Das Symposium begann mit einer Keynote von Yassari, in der sie über drei Jahrzehnte Forschung zu islamischen Rechtstraditionen reflektierte sowie über die Freude, die Forschungsgruppe zu gründen – als Raum für pluralistische und interdisziplinäre Auseinandersetzung mit islamischem Rechtsdenken –, und über den Schmerz fortbestehender Asymmetrien – die Marginalisierung des islamischen Rechts in der Rechtstheorie, die Belastung durch die Post-9/11-Sichtbarkeit und das hartnäckige Fortbestehen eurozentrischer Denkmuster in der Rechtsvergleichung. Während sie sich eine selbstkritischere Rechtswissenschaft wünschte, rief sie gleichzeitig dazu auf, offen für Unsicherheit zu bleiben – als Weg zu Inklusion und epistemischer Heilung.

Im ersten Panel „25 Years of Research on Islamic Law at the MPI – Building a Regional Department in a Western Institution“, moderiert von Dr. Lena-Maria Möller (Qatar University), zeichnete Prof. Nadjma Yassari die Entstehung und Entwicklung des Referats für das Recht islamischer Länder, ihre Beweggründe und Visionen sowie die Herausforderungen bei der Gründung der Forschungsgruppe in einer westlichen rechtsvergleichenden Institution nach. Sie zeigte, wie sich der Forschungsschwerpunkt in 25 Jahren entwickelte – stets unter Berücksichtigung der Vielfalt islamischer Rechtssysteme und dem Einfluss globaler Ereignisse wie 9/11 und des Arabischen Frühlings. Dr. Kilian Bälz (Amereller Law Firm) und Dr. Karim El Chazli (SIR) lieferten praxisorientierte und akademische Einblicke und betonten die praktische Relevanz des Referats sowie die Bedeutung wissenschaftlich fundierter Expertise für Rechtstheorie und -praxis. Dr. Dominik Krell (University of Oxford) sprach über die Rolle des Referats bei der Nachwuchsförderung und dem Aufbau einer wissenschaftlichen Gemeinschaft in einem Nischenbereich. Abschließend diskutierten die Panelist*innen über die Zukunft der Forschung zum islamischen Recht und reflektierten über den nachhaltigen Einfluss des Referats und Yassaris Führungsrolle bei der Prägung des Fachgebiets.

Das zweite Panel „Where Do We Stand? The Current State of Research on Normative Systems in Muslim-Majority Countries“, moderiert von Prof. Irene Schneider (Universität Göttingen und Erfurt), konzentrierte sich auf Lücken in der Forschung zum islamischen Recht und dem Recht mehrheitlich muslimischer Länder. Prof. Muhammad Fadl (University of Toronto) verwies unter anderem auf den Bedarf an mehr Informationen über die Effektivität von Justizsystemen, die Haltung religiöser Autoritäten zwischen staatlichem und islamischem Recht sowie die Anwendung von unkodifiziertem islamischen innerhalb des modernen kodifizierten Rechts durch Richter. Prof. Martin Lau (SOAS/University of London) hob wesentliche Wissenslücken in der Rechtsgeschichte Südasiens hervor, insbesondere in Bezug auf die rechtlichen Dimensionen materieller Aspekte des Islams, die Rolle des Islams in der Architektur kolonialer Rechtssysteme und Gesetze über den Islam als Religion selbst. Schneider reflektierte über methodologische Herausforderungen bei der Erforschung des islamischen Rechts und der Rechtsgeschichte in kolonialen Kontexten und rief Wissenschaftler*innen dazu auf, über eurozentrische Bezugsrahmen sowie die Kolonialität der Forschung hinauszugehen, durch sorgfältige Auswahl analytischer Kategorien und ein stärkeres Bewusstsein für Begriffsgeschichte, kulturelle Übersetzungen und Verflechtungen rechtlicher Konzepte.

In ihrem Vortrag „Christian and Islamic Law in Comparative Perspective: Methodological Challenges and Empirical Insights“ widmete sich Dr. Dörthe Engelcke der rechtsvergleichenden Erforschung des christlichen und islamischen Familienrechts in rechtspluralistischen Systemen der SWANA-Region. Aufbauend auf vier analytischen Dimensionen – Ontologie und Epistemologie, „Geographie“ von Gesetzgebung und Rechtsprechung, gelebte Erfahrungen in Bezug auf Erbrecht und Intersektionalität sowie empirische Daten zu erbrechtlichen Praktiken – entwarf Engelcke ein vielschichtiges Untersuchungsmodell. Sie zeigte, dass epistemische Ansätze zum christlichen Recht durch staatlichen Rechtspluralismus, Kolonialität in der Minderheitenfrage sowie familienrechtliche Normen christlicher Gemeinschaften geprägt sind.

Das dritte Panel „Reflections on Comparative Law: Insights from Islamic Legal Studies and Perspectives on Methodology and Knowledge Production“, moderiert von Prof. Nadjma Yassari, stellte mit Prof. Rodrigo Polanco Lazo (SIR), Prof. Gianluca Parolin (Aga Khan University, UK) und Dr. Ilaria Pretelli (SIR) in der Rechtsvergleichung oft als peripher betrachtete Traditionen in den Mittelpunkt. Lateinamerikanisches Rechtsdenken wurde für seine kritische Auseinandersetzung mit europäischen Modellen hervorgehoben, islamische Rechtswissenschaft für ihre tiefe interne Jurisprudenz und das europäische internationale Privatrecht für seine Fähigkeit, die eigenen normativen Annahmen zu reflektieren. Alle drei Panelist*innen verwiesen auf fortbestehende Asymmetrien im Fach. Lateinamerikanisches Recht werde oft als Ableitung betrachtet, islamisches Recht als zu „anders“, um vergleichbar zu sein, und europäische Bezugsrahmen neigten dazu, ihre eigenen Annahmen als neutral zu verallgemeinern. Diese Muster prägten die Zuschreibung von Autorität und Relevanz in der rechtsvergleichenden Forschung. Zum Abschluss lud das Panel zu mehr Pluralismus und Dialogorientierung in der Rechtsvergleichung ein, deren Zukunft in einer beständigen Offenheit gegenüber rechtlicher Vielfalt liege.






Bildnachweise: © Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht 

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht