Rechtsdurchsetzung in China

Rechtsdurchsetzung in China

Unter der Flagge eines Sozialismus chinesischer Prägung beschreitet die Volksrepublik China neue Wege bei der Rechtsdurchsetzung.

Einerseits will die chinesische Regierung mit der Einführung eines sozialen Bonitätssystems einen Anreiz für das Befolgen gesetzlicher Regelungen schaffen. Im Zivilrecht wird dies dadurch reflektiert, dass sie in der Zwangsvollstreckung Maßnahmen geschaffen hat, die den Schuldner durch gesellschaftlichen Druck (nach dem Prinzip des naming and shaming) zur Erfüllung titulierter Ansprüche anhalten. Hierzu gehört die Namensliste kreditunwürdiger Vollstreckungsschuldner, die das Oberste Volksgericht im Internet zugänglich macht, wie auch die Anordnung von Konsumbeschränkungen, die es Schuldnern verbieten, Luxusgüter zu erwerben, Flugreisen zu buchen oder ihre Kinder auf Privatschulen „mit hohen Gebühren“ zu schicken.

Andererseits setzt der chinesische Gesetzgeber auf die kollektive Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche und damit auf ein Thema, das auch in der internationalen Diskussion seit einigen Jahren eine große Rolle spielt. Instrumente wie Sammelklagen und Verbandsklagen werden jedoch nur vorsichtig erprobt und mit einem staatlichen Kontrollelement – dem subsidiären Klagerecht der Volksstaatsanwaltschaft – versehen.

Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen:

Gelingt China der Spagat zwischen effektiver Zwangsvollstreckung und Schuldnerschutz?

Welche Rolle wird Gerichten nach der Einführung des sozialen Bonitätssystems zukommen?

Welche Bedeutung kann einer privaten Rechtsdurchsetzung im Sozialismus chinesischer Prägung zukommen?

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