Hauptversammlungskompetenz bei der Fusion durch NewCo-Übernahme

13. November 2020

Der Zusammenschluss von Daimler-Benz und Chrysler im Jahr 1998 war der erste grenzüberschreitende Merger of Equals unter Beteiligung einer börsennotierten deutschen Aktiengesellschaft. Während dieser Fusion bekanntlich kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden war, ist die für sie geschaffene rechtliche Struktur zu einem bewährten Modell für internationale Zusammenschlüsse dieser Art geworden. Aktuelles Anschauungsmaterial liefert die Fusion von Linde und Praxair. Konstantin Horn, ehemaliger wissenschaftlicher Assistent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, geht in seiner soeben erschienenen Dissertation der Frage nach, ob bei dieser Vorgehensweise die Hauptversammlung des deutschen Fusionspartners zu befassen ist.

Bei der für den DaimlerChrysler-Zusammenschluss entwickelten Transaktionsstruktur werden die Fusionspartner unter dem Dach einer neugegründeten Holdinggesellschaft zusammengeführt und die bisherigen Aktionäre der Fusionspartner werden zu Aktionären der Holding. Die Anteile des deutschen Fusionspartners werden dadurch eingebracht, dass die neugegründete Holding im Wege eines Übernahmetauschangebots eigene junge Aktien für die Aktien des deutschen Fusionspartners anbietet. Für die Aktien des ausländischen Fusionspartners wird auf das jeweils passende Instrument seiner eigenen Rechtsordnung zurückgegriffen. Ein allgemein gebräuchlicher Begriff für diese rechtliche Gestaltung existiert bislang nicht. Horn verwendet in seiner Arbeit die Bezeichnung „Fusion durch NewCo-Übernahme“.

Dieses inzwischen als best practice geltende Fusionsmodell hat die Frage aufgeworfen, ob es eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz nach der sogenannten Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auslöst. Nach der Erörterung geschriebener Hauptversammlungskompetenzen stellt Horn diese Frage in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Er macht die vom BGH entwickelten Grundsätze für das Transaktionsmodell fruchtbar und kommt zu dem Ergebnis, dass keine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz besteht, weil die Fusion auf einer freien Entscheidung der Aktionäre beruht, die ihnen selbst und nicht dem Vorstand zuzurechnen ist.


Konstantin Horn
, Fusion durch NewCo-Übernahme. Hauptversammlungskompetenz für den Merger of Equals unter börsennotierten Aktiengesellschaften, Nomos, Baden-Baden 2020, Dissertation Ludwig-Maximilians-Universität München 2020, 270 S.

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