Verantwortung von Unternehmen für Treibhausgasemissionen: Direkte (Scope 1) und indirekte (Scope 2 und 3) Emissionen im Recht
Forschungsprojekt
Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit, und Unternehmen tragen mit ihren Treibhausgasemissionen entscheidend dazu bei. Rechtliche Lösungen in verschiedenen Ländern adressieren das bereits auf unterschiedliche Weise: (a) im Emissionshandel, (b) in der Emissionsberichterstattung, (c) in Klimatransformationsplänen, (d) durch Klimaurteile, (e) mit wettbewerbsrechtlichen Klimaansprüchen und (f) durch Standards von Nachhaltigkeitsinitiativen. Der Querschnitt all dieser Mechanismen zeigt zwar bereits, dass die Treibhausgasverantwortung von Unternehmen gesehen wird, aber es besteht Uneinigkeit darüber, wie weit diese Verantwortung geht: Werden nur die direkten Emissionen vom Unternehmen selbst (Scope 1) erfasst oder auch die indirekten Emissionen ihrer Kunden und Zulieferer (Scope 2 und 3)?
Indirekte Emissionen machen den Großteil der Gesamtemissionen (etwa 75 Prozent) von Unternehmen aus und werden beispielsweise im Emissionshandel (ETS II und CBAM) sowie in Berichtspflichten (CSRD und CSDDD) adressiert. Unter Rückgriff auf die internationale Debatte erscheint es angemessen, sie regulatorisch einzubeziehen. Dafür streiten verschiedene Argumente:
- Vollständiger Klimaabdruck: Nur durch die Einbeziehung von indirekten Emissionen lässt sich der tatsächliche Klimaabdruck eines Unternehmens erfassen, bewerten und vergleichen.
- Vermeidung eines Carbon Leakage: Ohne eine Verantwortung für indirekte Emissionen könnten Unternehmen emissionsintensive Prozesse auf Dritte auslagern und so Klimaziele umgehen.
- Klimakooperationen: Unternehmen werden über die Berücksichtigung indirekter Emissionen animiert, gegenseitig Emissionsreduktionen zu unterstützen und Emissionen bei Verbrauchern zu reduzieren.
- Rechtliche Kohärenz: Parallele Regulierungen wie das umweltrechtliche Verursacherprinzip und die menschenrechtliche Lieferkettenregulierung zeigen bereits, dass eine Verantwortung für das Handeln Dritter in der Wertschöpfungskette rechtlich möglich ist.
Die dagegen vorgebrachten Gegenargumente um die dogmatische Zurechnung von Drittverhalten, den hohen Ermittlungsaufwand und die begrenzten Einflussmöglichkeiten benennen zwar bestehende Herausforderungen. Aber diese überwiegen nicht die Vorteile, wenn indirekte Emissionen einbezogen würden. Insgesamt ist eine differenzierte Emissionsverantwortung – abgestuft auch für indirekte Emissionen – angemessen. Eine solche Abstufung kann durch Bemühenspflichten anstelle von Erfolgspflichten, die Fokussierung auf die wesentlichsten Emissionsquellen oder branchenspezifische Regelungen erzielt werden. So würde von Unternehmen ein pragmatischer, aber wirksamer Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise geleistet.