Erik Jayme (Heidelberg): Internationales Kunstrecht: Auflösungserscheinungen des klassischen IPR
Aktuelle Forschung im Internationalen Privatrecht
- Datum: 05.04.2022
- Uhrzeit: 11:00
- Ort: Online-Veranstaltung
Zum Referenten:
Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Erik Jayme LL.M. (Berkeley), Heidelberg. Geb. 1934 in Montréal, Canada, Vater deutscher Staatsangehöriger aus einer Hugenotten-Familie von Waldensern aus Piemont, Mutter Norwegerin. Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Frankfurt am Main, München (auch Kunstgeschichte), Pavia und Berkeley, Habilitation in Mainz (1969), Professuren zunächst in Münster (1973-1974) und München (1974-1983), ab 1983 in Heidelberg, emeritiert 2002. Ehrendoktor der Universitäten Ferrara, Budapest, Montpellier, Porto Alegre (Universidade Federal do Rio Grande do Sul, Brasilien), Coimbra. 1997 – 1999 Präsident des Institut de Droit International.
Zum Thema:
Das Kunstrecht hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten zu einer eigenständigen Materie entwickelt, in der - was vor allem den internationalen Kunsthandel betrifft – das klassische IPR für die Verträge und das Eigentum immer mehr von gesonderten Grundsätzen überlagert wird, die aus dem Öffentlichen Recht und dem Völkerrecht stammen. Erstes Beispiel seien die jüngsten französische Entscheidungen im Fall „Pisarro“ (Cour de cassation – Chambre civile 1, 1 juillet 2020, N° de pourvoi : 18-25.695, abgedruckt in KUR 2020, 118-124 und online): Amerikanische Sammler ersteigerten 1995 in London ein Gemälde von Camille Pisarro, das sie 2017 nach Paris zu einer Ausstellung in Musée Marmottan ausliehen. Nachkommen des ursprünglichen Eigentümers, des jüdischen Kunstsammlers Simon Bauer, erwirken die Restitution, die dadurch möglich wird, dass die Gerichte eine Bestimmung des Jahres 1945 anwenden, welche die Bösgläubigkeit bei allen späteren Erwerbern unwiderlegbar vermutet. Das klassische IPR für Vertrag und Eigentum spielt insoweit nahezu überhaupt keine Rolle. Man sieht vielmehr eher, dass besondere Grundsätze des Kunstrechts miteinander in Konflikt geraten, etwa Einfuhr und Ausfuhrverbot für „nationale Kunstwerke“. Zu solchen Grundsätzen gehört auch „Das freie Geleit für Kunstwerke“, d.h. die Rückgabeverpflichtung, wenn Kunstwerke aus dem Ausland ausgeliehen werden. Ferner zeigen sich im internationalen Kunstrecht völlig neue Instrumente und Regelwerke, wie die Washington Conference Principles on Nazi–Confiscated Art (1998) und die Auswirkungen besonderer Register. Zudem wirft jüngst die Diskussion um die Restitution von Kolonialgut neue kollisionsrechtliche Problemlagen auf.
Zur Vortragsreihe:
Die Veranstaltungsreihe „Aktuelle Forschung im Internationalen Privatrecht“ wird von Ralf Michaels und Michael Cremer organisiert. Gastreferent*innen und Mitarbeiter*innen des Instituts stellen hier ihre Arbeit zu aktuellen Forschungsfragen und Entwicklungen im Internationalen Privatrecht zur Diskussion. Die Workshops richten sich an Wissenschaftler*innen, die zum Internationalen Privatrecht forschen und sind gleichzeitig offen für alle Interessierten aus dem akademischen Kontext (Doktorand*innen und Student*innen eingeschlossen).
Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Erik Jayme LL.M. (Berkeley), Heidelberg. Geb. 1934 in Montréal, Canada, Vater deutscher Staatsangehöriger aus einer Hugenotten-Familie von Waldensern aus Piemont, Mutter Norwegerin. Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Frankfurt am Main, München (auch Kunstgeschichte), Pavia und Berkeley, Habilitation in Mainz (1969), Professuren zunächst in Münster (1973-1974) und München (1974-1983), ab 1983 in Heidelberg, emeritiert 2002. Ehrendoktor der Universitäten Ferrara, Budapest, Montpellier, Porto Alegre (Universidade Federal do Rio Grande do Sul, Brasilien), Coimbra. 1997 – 1999 Präsident des Institut de Droit International.
Zum Thema:
Das Kunstrecht hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten zu einer eigenständigen Materie entwickelt, in der - was vor allem den internationalen Kunsthandel betrifft – das klassische IPR für die Verträge und das Eigentum immer mehr von gesonderten Grundsätzen überlagert wird, die aus dem Öffentlichen Recht und dem Völkerrecht stammen. Erstes Beispiel seien die jüngsten französische Entscheidungen im Fall „Pisarro“ (Cour de cassation – Chambre civile 1, 1 juillet 2020, N° de pourvoi : 18-25.695, abgedruckt in KUR 2020, 118-124 und online): Amerikanische Sammler ersteigerten 1995 in London ein Gemälde von Camille Pisarro, das sie 2017 nach Paris zu einer Ausstellung in Musée Marmottan ausliehen. Nachkommen des ursprünglichen Eigentümers, des jüdischen Kunstsammlers Simon Bauer, erwirken die Restitution, die dadurch möglich wird, dass die Gerichte eine Bestimmung des Jahres 1945 anwenden, welche die Bösgläubigkeit bei allen späteren Erwerbern unwiderlegbar vermutet. Das klassische IPR für Vertrag und Eigentum spielt insoweit nahezu überhaupt keine Rolle. Man sieht vielmehr eher, dass besondere Grundsätze des Kunstrechts miteinander in Konflikt geraten, etwa Einfuhr und Ausfuhrverbot für „nationale Kunstwerke“. Zu solchen Grundsätzen gehört auch „Das freie Geleit für Kunstwerke“, d.h. die Rückgabeverpflichtung, wenn Kunstwerke aus dem Ausland ausgeliehen werden. Ferner zeigen sich im internationalen Kunstrecht völlig neue Instrumente und Regelwerke, wie die Washington Conference Principles on Nazi–Confiscated Art (1998) und die Auswirkungen besonderer Register. Zudem wirft jüngst die Diskussion um die Restitution von Kolonialgut neue kollisionsrechtliche Problemlagen auf.
Zur Vortragsreihe:
Die Veranstaltungsreihe „Aktuelle Forschung im Internationalen Privatrecht“ wird von Ralf Michaels und Michael Cremer organisiert. Gastreferent*innen und Mitarbeiter*innen des Instituts stellen hier ihre Arbeit zu aktuellen Forschungsfragen und Entwicklungen im Internationalen Privatrecht zur Diskussion. Die Workshops richten sich an Wissenschaftler*innen, die zum Internationalen Privatrecht forschen und sind gleichzeitig offen für alle Interessierten aus dem akademischen Kontext (Doktorand*innen und Student*innen eingeschlossen).