Art. 4: Leitlinien für Parteien


1. Da die Ermittlung des ausländischen Rechts Aufgabe des Gerichts ist (→ Art. 2 § 2 Ziff. 1), haben die Parteien im Grundsatz keine Beibringungspflicht, die über ihre allgemeine Verfahrensförderungs- bzw. Mitwirkungspflicht hinausgeht. Besitzen sie aber Spezialkenntnisse zum ausländischen Recht oder können sie dieses ersichtlich wesentlich leichter ermitteln als das Gericht, so empfiehlt sich ihre Mitwirkung bei der Ermittlung des ausländischen Rechts und insbesondere die (nicht bloß selektive) Zurverfügungstellung vorhandener Quellen. Eine Unterlassung kann zur Folge haben, dass das Gericht rechtsfehlerfrei von entsprechenden weiteren Ermittlungen absehen darf.

Rechtsprechung: BGH, Urt. v. 30.3.1976 – VI ZR 143/74, IPRspr 1976-2 (= NJW 1976, 1581 (1582)); BGH, Urt. v. 30.4.1992 – IX ZR 233/90, BGHZ 118, 151 (= IPRspr 1992-265 = NJW 1992, 2026 (2029)).


2. Parteien können ihrem Vortrag ein Parteigutachten zugrunde legen. Dieses gilt dann als Parteivortrag und nicht als Beweismittel, es hat daher nicht die Vermutung der Objektivität (vgl. → Art. 2 § 2 Ziff. 5). Ist von vornherein abzusehen, dass ein Gerichtsgutachten notwendig sein wird, so kann es sich empfehlen, sogleich dessen Einholung anzuregen und auf ein Parteigutachten zu verzichten.


3. Erweist sich die Ermittlung des anwendbaren ausländischen Rechts als unverhältnismäßig aufwendig, kann es für die Parteien ratsam sein, die Wahl deutschen Rechts im Verfahren in Betracht zu ziehen, soweit das einschlägige IPR dies zulässt.


4. Die Parteien sollen nach Möglichkeit bei der Abfassung des Beweisbeschlusses mithelfen, um die Unbrauchbarkeit oder Unvollständigkeit des einzuholenden Gutachtens zu vermeiden.


5. Die Parteien dürfen grundsätzlich um zusätzliche Erläuterung des Gutachtens bitten. Einwendungen können allerdings nicht ins Blaue hinein gemacht werden, sondern müssen substantiiert erfolgen (vgl. auch → Art. 2 § 8 Ziff. 2). Da eine Vermutung dafür spricht, dass der Sachverständige die relevanten Primär- und Sekundärquellen ausgewertet hat (vgl. → Art. 3 §§ 2, 3), kann sich zur Substantiierung die Vorlage eines Parteigutachtens empfehlen.


6. Die Parteien können die Beiziehung eines für ein anderes Verfahren erstellten Gutachtens anregen (vgl. → Art. 2 § 3 Ziff. 2).


7. Die Parteien sehen tunlichst davon ab, den Sachverständigen direkt zu kontaktieren.

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