IPR zwischen Tradition und Innovation

16. April 2020

Auf seiner zweiten Jahrestagung im Frühjahr 2019 beschäftigte sich der wissenschaftliche Nachwuchs im Internationalen Privatrecht mit dem Thema „IPR zwischen Tradition und Innovation“. Zu den Beiträgen, die in einem kürzlich erschienenen gleichnamigen Tagungsband vorliegen, gehören der Festvortrag von Jürgen Basedow, emeritierter Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, sowie ein Artikel zum Influencer-Marketing von Denise Wiedemann, wissenschaftliche Referentin am Institut. Der Sammelband wird herausgegeben von Caroline S. Rupp in Gemeinschaft unter anderem mit Konrad Duden, wissenschaftlicher Referent am Institut.

Das heutige Kollisionsrecht ist einerseits stark durch traditionelle Ansätze und Methoden geprägt, sieht sich andererseits jedoch wie kaum ein anderes Rechtsgebiet mit den Veränderungen und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts konfrontiert. Die Beiträge des Tagungsbandes zeichnen verschiedene Facetten und Entwicklungslinien aus den unterschiedlichsten Gebieten des IPR nach und spannen den Bogen von den historischen Grundlagen und dem Allgemeinen Teil über aktuelle Entwicklungen im Gesellschafts-, Familien- und Erbrecht hin zum Kontext der Digitalisierung; auch internationalverfahrensrechtliche Fragen werden beleuchtet.

Den Auftakt sowie den Abschluss des Bandes bilden Beiträge von Mitarbeiter*innen des Instituts.

In seinem Aufsatz „Aufgabe und Methodenvielfalt des internationalen Privatrechts im Wandel der Gesellschaft“ geht Jürgen Basedow auf die Grundlage des IPR ein. Sie liege, wie er betont, in der Aufgabe, über die sich das Internationale Privatrecht seit jeher definiert: die Koordination von Rechtsordnungen mit dem Ziel einer rechtssicheren Lösung von Konflikten mit grenzüberschreitendem Element. Im Laufe der Zeit wurden vielfältige Methoden zur Bewältigung dieser Aufgabe entwickelt. Diese Entwicklung zeichnet Jürgen Basedow nach und gibt zudem einen Ausblick auf zwei potenzielle neue methodische Ansätze: die Kooperation und Gleichwertigkeitsprüfungen.

Eine Herausforderung des 21. Jahrhunderts steht im Mittelpunkt des Beitrags „Stilikonen, Travel Addicts und Food Junkies“ von Denise Wiedemann. Er beschäftigt sich mit dem Einfluss des Influencer-Marketings auf Plattformen wie Instagram auf die situative Anwendbarkeit verbraucherschützender Regelungen des europäischen Kollisions- und Verfahrensrechts. Der Artikel zeigt, dass das Ausrichtungskriterium aus Art. 17 Brüssel Ia-VO/Art. 6 Rom I-VO, das den EuGH in der Vergangenheit insbesondere im Zusammenhang mit Websites beschäftigt hat, grundsätzlich auch für moderne Formen des Marketings anwendbar ist. Im Fall des Influencer-Marketings hängt das Ausrichtungsmerkmal ebenso wie bei Websites von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist, wie Denise Wiedemann herausarbeitet, ob der Influencer seinen Beitrag auf den Mitgliedstaat des Verbrauchers ausrichtet und ob der Verbraucher beweisen kann, dass der Influencer mit Kenntnis und Zustimmung des Unternehmers handelt.



Inhaltsübersicht:

Jürgen Basedow: Aufgabe und Methodenvielfalt des internationalen Privatrechts im Wandel der Gesellschaft
Kristin Boosfeld: Allseitig, einseitig – vielseitig. Zur Bedeutung der Regulierung für das Kollisionsrecht
Felix M. Wilke: Der Allgemeine Teil zwischen Tradition und Innovation
Stefano Dominelli: Old Problems and New Legal Instruments in Commercial Matters: An Inquiry on the Methodological Regime of Protection of »Disadvantaged Parties« in EU Private and Procedural International Law
Tess Bens: Preach What You Practice: The Allocation of Claims in Cross-Border Multi-Party Disputes
Eva Recamán Graña/Lothar Wolff: Abschied vom Einheitsstatut. Die Konkurrenz von Anknüpfungsgegenständen im Internationalen Gesellschaftsrecht am Beispiel des Gläubigerschutzes
Ralf Knaier: Rechtssicherheit durch unionsrechtliche Rechtsanwendungsbefehle. Der grenzüberschreitende Formwechsel als neuer Stein im Baukasten des kodifizierten EU-Gesellschaftsrechts
Lukas Rademacher: Die Abwehr anstößigen Familien- und Erbrechts: Zwischen Toleranz und Geschlechtergleichstellung
Florian Heindler: Der kollisionsrechtliche Schutz digitaler Inhalte aus urheberrechtlicher Sicht
Denise Wiedemann: Stilikonen, Travel Addicts und Food Junkies – Das Ausrichtungskriterium (Art. 17 Brüssel Ia-VO/Art. 6 Rom I-VO) im Lichte des Influencer-Werbechaos auf Instagram & Co.

 

Caroline S. Rupp, Jennifer Antomo, Konrad Duden, Malte Kramme, Tobias Lutzi, Martina Melcher, Friederike Pförtner, Sören Segger-Piening, Stephan Walter (Hrsg.), IPR zwischen Tradition und Innovation, Mohr Siebeck, Tübingen 2019, VIII + 183 S.


Die dritte IPR-Nachwuchstagung findet am 18./19. März 2021 am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg statt. Das Thema der Tagung lautet: „IPR für eine bessere Welt: Vision – Realität – Irrweg?“ Weitere Informationen

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