Die Parteiautonomie im europäischen Erbkollisionsrecht

5. Dezember 2019

Schätzungsweise 450.000 Erbfälle mit Auslandsberührung und einem Nachlasswert von ca. 120 Milliarden Euro ereignen sich jährlich allein in Europa. Demnach weisen rund 10 Prozent aller Erbfälle in der EU einen internationalen Bezug auf. Teresa Puig Stoltenberg, ehemalige wissenschaftliche Assistentin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, zeigt in ihrer Dissertation „Die Parteiautonomie im europäischen Erbrecht“ auf, wie die derzeit geltende Erbrechtsverordnung erweitert werden könnte, um die Parteiautonomie im Erbkollisionsrecht zu stärken.

Welches Recht auf einen grenzüberschreitenden Erbfall Anwendung findet, richtet sich seit dem 17.08.2015 nach den Vorschriften der europäischen Erbrechtsverordnung. Nach ihr wird in der Regel objektiv an das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers angeknüpft. Doch auch das Institut der Rechtswahl oder professio iuris hat den Weg in die Verordnung gefunden. Darunter ist die dem Erblasser eingeräumte Befugnis zu verstehen, in einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen das auf seinen Erbfall anwendbare Recht zu bestimmen; dabei kann er aber lediglich sein Heimatrecht im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt seines Todes für die gesamte Rechtsnachfolge wählen.

Teresa Puig Stoltenberg setzt sich in ihrer Dissertation mit der gegenwärtigen, aber auch mit der vergangenen und insbesondere mit der zukünftigen Parteiautonomie im europäischen Erbkollisionsrecht auseinander: Bevor sie die in Art. 22 EU-ErbVO enthaltene professio iuris analysiert und ihre Schranken de lege lata herausarbeitet, befasst sie sich mit der Parteiautonomie vor Anwendung der Erbrechtsverordnung. Dabei stehen die in den autonomen IPR-Vorschriften der europäischen Länder bereits einmal zugelassenen Rechtswahlmöglichkeiten im Fokus.

Auf dieser Grundlage entwickelt sie Vorschläge für Erweiterungsmöglichkeiten der erbrechtlichen Rechtswahl de lege ferenda. Sie plädiert dabei für die Zulassung eines offenen Katalogs an wählbaren Rechten – auch zugunsten einzelner Vermögenswerte. Nur durch eine Erweiterung der Parteiautonomie könne die Freiheit des Individuums und die Gleichwertigkeit aller Rechtsordnungen in einer globalisierten Welt anerkannt werden.

Teresa Puig Stoltenberg, Die Parteiautonomie im europäischen Erbrecht, PhD Thesis, Universität Hamburg 2018, 2019.

Einen Beitrag (auf Spanisch) über die Dissertation finden Sie in der Zeitschrift Informaciones III/2009 der Deutsch-Spanischen Juristenvereinigung e.V.

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