Das chinesische Handbuch der Rechtsförmlichkeit – Thema der aktuellen Ausgabe der ZChinR

9. Oktober 2019

In den Jahren 2009 und 2011 hat der chinesische Rechtsordnungsarbeitsausschuss des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses (NVK) zwei Dokumente mit dem Titel „Norm der Gesetzgebungstechnik“ (Teil 1 und Teil 2) veröffentlicht, um „betreffenden Abteilungen“ Empfehlungen für die rechtsförmliche Gestaltung von Gesetzen zu geben. Welche Hintergründe und Inhalte dieser Norm zugrundeliegen, analysiert Prof. Dr. Knut Benjamin Pißler, Leiter des Kompetenzzentrums China am Max-Planck-Institut für Privatrecht, in seinem Artikel „Das chinesische Handbuch der Rechtsförmlichkeit: Empfehlungen für den Gesetzgeber & Perle für die sinojuristische Forschung“. Der Beitrag liegt in der Ausgabe 26, Nr. 2 (2019) der Zeitschrift für Chinesisches Recht (ZChinR) vor.

Mit der Schaffung der „Norm der Gesetzgebungstechnik“ bekundet der Rechtsordnungsarbeitsausschuss als chinesischer Gesetzgeber explizit den Willen, im Gesetzgebungsverfahren auf eine Stimmigkeit und eine strukturelle Stringenz der Gesetze zu achten sowie ein verlässliches, übersichtliches und verständliches Recht in einer einheitlichen Gesetzessprache zu schaffen. Eine gewisse Ähnlichkeit hat die Norm mit dem deutschen „Handbuch der Rechtsförmlichkeit“, das Empfehlungen des Bundesministeriums der Justiz für die rechtsförmliche Gestaltung von Gesetzen und Rechtsverordnungen enthält.

Die Erläuterungen in der Norm der Gesetzgebungstechnik sind von weitreichender Bedeutung für das Verständnis des chinesischen Rechts und schaffen für den Rechtsanwender Klarheit in vielerlei Hinsicht. Dies betrifft etwa die Klarstellung von Gebots- (yingdang) und Verbotsnormen (bu de), die Unterscheidung von Ermessensentscheidungen (pizhun) und gebundenen Entscheidungen (hezhun) bei der Erteilung von Verwaltungsgenehmigungen, aber auch die eindeutige Unterscheidung zwischen kumulativen und alternativen Tatbestandsvoraussetzungen.

Allerdings fehlt in China – im Gegensatz zum deutschen Pendant – eine rechtliche Verankerung der Norm der Gesetzgebungstechnik. Dies mag der ausschlaggebende Grund dafür sein, dass die Norm der Gesetzgebungstechnik von der chinesischen Rechtswissenschaft zwar wahrgenommen, aber nicht zur Auslegung von Gesetzen herangezogen wird.

Über die ZChinR: Die Anfänge der vierteljährlich erscheinenden ZChinR reichen bis in das Jahr 1994 zurück. Ihren heutigen Namen trägt die Publikation seit 2004. Sie ist die einzige fortlaufende deutschsprachige Publikation zum chinesischen Recht. In der ZChinR werden ausführliche Berichte und Analysen unter der Rubrik „Aufsätze“ veröffentlicht. Aktuelle Rechtsentwicklungen erscheinen unter „Kurze Beiträge“. In der Rubrik „Dokumentationen“ finden sich Übersetzungen der wichtigsten neuen chinesischen Gesetze. Außerdem veröffentlicht die ZChinR regelmäßig Tagungsberichte und Rezensionen von Büchern zum chinesischen Recht.

Knut Benjamin Pißler, Das chinesische Handbuch der Rechtsförmlichkeit: Empfehlungen für den Gesetzgeber & Perle für die sinojuristische Forschung, Zeitschrift für chinesisches Recht 2019, 133–143.
Zur Redakteursansicht